Mit dem Basiskonto hat der Gesetzeber eine Möglichkeit geschaffen, dass alle kontolosen Menschen am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können. Jede Bank unterliegt hier einem Kontrahierungszwang und darf eine Kontoeröffnung aufgrund mangelnder Bonität nicht ablehnen. Die Entgelte müssen laut Zahlungskontengesetz "angemessen" sein. Auf dem Prüfstand vor dem BGH stand die Deutsche Bank, die für ihr Basiskonto monatliche Gebühren in Höhe von 8,99 Euro erhebt. Diese Entgeltklausel hat der BGH in einer Entscheidung vom 30.06.2020 nun für unwirksam erklärt.

Die Gründe der Deutschen Bank für die heftigen Basiskonto-Entgelte

Die Deutsche Bank legte während der Verhandlungen dar, dass es sich sich bei den Basiskonto-Entgelten keinesfalls um Abwehrpreise handle, sondern diese Kosten real entstehen würden.

Das Basiskonto würde sozusagen zum "Selbstkostenpreis" angeboten und wäre von daher verhältnismäßig und angemessen:

Die hohen Kosten würden entstehen durch 

  • erhöhten Aufwand, welche die klamme Kundschaft verursacht.
  • erhöhte Prüfungserfordenisse bezüglich Geldwäsche und Terrorfinanzierung
  • erhöhte Formalitäten bei der Kontoeröffnung

Die aktuellen Entgelte der Deutschen Bank, lassen sich in diesem PDF nachlesen.

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Die Gründe des BGH und warum der Argumentation der Deutschen Bank nicht gefolgt wurde

Laut Paragraph 41 des Zahlungskontengesetzes müssen die Entgelte für ein Basiskonto angemessen sein und sich am Nutzerverhalten der Kundschaft orientieren.

Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Deckelung der Gebühren verzichtet und die Entscheidung hierüber an die Gerichte delegiert. Den Banken wurde das Recht auf angemessene Gebühren durchaus zugestanden. Jedoch sind Abwehrpreise um die ungeliebte Basiskonto-Kundschaft fernzuhalten unzulässig. 

Deswegen bleibt immer zu klären bis zu welchem Betrag sowohl die Interessen der Kreditinstute als auch die Interessen der Basiskonto-Kunden gewahrt bleiben.

Doch auch diesbezüglich gab es vom BGH keine konkrete Zahl zu hören. Es wurde vom BGH also nicht die absolute Höhe der Kontoführungsgebühr gekippt. Vielmehr war die Begründung der Deutschen Bank für ihre happigen Entgelte rechtlich nicht haltbar

Aus der Urteilsbegründung des BGH:


"Bei der Prüfung der Angemessenheit eines Entgelts für ein Basiskonto ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Vorschriften über das Basiskonto allen, d.h. insbesondere auch einkommensarmen Verbrauchern den Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen und damit die Teilhabe am Zahlungsverkehr ermöglichen sollen und der zur Verwirklichung dieses Ziels in § 31 Abs. 1 ZKG geregelte Kontrahierungszwang nicht durch zu hohe, prohibitiv wirkende Entgelte unterlaufen werden darf. Das Entgelt für ein Basiskonto ist jedenfalls dann nicht angemessen im Sinne des § 41 Abs. 2 ZKG, wenn in dem verlangten Entgelt Kostenbestandteile enthalten sind, die entweder gar nicht oder jedenfalls nicht nur auf die Nutzer der Basiskonten umgelegt werden dürfen."

Exkurs: Was ist ein Basiskonto?

Bis 2016 gab es in Deutschland kein Recht auf ein Girokonto. So kam es nicht selten zu Fällen, dass einkommenschwachen Menschen, die Eröffnung eines Zahlungskontos verweigert wurde.


Aufgrund von europäischen Druck änderte die Bundesregierung diese Regelung und schuf mit dem Zahlungskontengesetz (ZKG) den gesetzlichen Anspruch auf ein Girokonto.


Dieses sogenannte "Basiskonto" muss grundlegende Zahlungsfunktionalitäten aufweisen, z.B.:


  • Bareinzahlungen und Barauszahlungen
  • Lastschriften
  • Überweisungen, Daueraufträge
  • Zahlungsvorgänge mit einer Zahlkarte (Bankkarte)

Dies ist in § 38 ZKG geregelt. Die Entgelte hierfür müssen "angemessen" sein und das Nutzerverhalten berücksichtigen.


Mehr über das Basiskonto kannst Du bei uns hier nachlesen.

Basiskonto = gesetzliche Pflicht = keine gesonderten Entgelte ("Abwehrpreise") zulässig

Das Basiskonto schützt soll sozial schwache Schichten, wie Sozialhilfeempfänger, Geflüchtete oder Wohnungslose. Ihnen soll eine Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr ermöglicht werden.


Abwehrpreise um die ungeliebte sozial schwache Kundschaft von der Eröffnung eines Girokontos abzuhalten sind unzulässig.

Es gilt der eherne rechtliche Grundsatz, dass zusätzliche Bankgebühren immer nur dann zulässig sind, wenn diese eine zusätzliche Leistung der Kreditinstitute beinhalten.

Der Grundsatz "mehr Geld für weniger Leistung" darf und sollte nicht gelten!

Und das noch umso weniger, wenn der alleinige Zweck der hohen Entgelte in der Abwehr einer ungeliebten Kundengruppe liegt.

Zweifel, ob die Basiskonto-Klienten tatsächlich mehr Aufwand verursachen

Die Hauptargumentation der Banken liegt in der Hypothese begründet, dass die klamme Kundschaft den Banken einen deutlichen Mehraufwand bescheren würden. Insbesondere folgende Punkte werden benannt:

  • Erhöhter Beratungsaufwand, weil die klamme Kundschaft deutlich überdurchschnittlich die Schalterkapazitäten der Präsenzfillialen beanspruchen würden.
  • Gestiegener Aufwand durch erhöhte Gefahr einer Kontenpfändung.
  • Das Basiskonto Klientel kommt für Cross- und Upsellings nicht in Frage.

Erhöhter Beratungsaufwand?

Es ist sicherlich richtig, das wenig technisch affine Menschen, den Banken regelmäßig einen erhöhten Verwaltungsaufwand bescheren.

Jeder kennt das klischeebehaftete Bild der Rentnerin mit Rollator, welche für jede Barhebung und Überweisung zum Schalter geht und die Ressourcen des Präsenzpersonals gewaltig beansprucht.

Es steht außer Frage, dass die Banken an solchen Kunden wahrscheinlich nur dann etwas verdienen können, wenn diese im Gegenzug lukrative Bankdienstleistungen, wie Kapitalanlagen, Kredite oder mitunter auch Versicherungen in Anspruch nehmen.

Dennoch darf bezweifelt werden, ob die Basiskonto Zielgruppe wirklich immer so wenig technik- und internetaffin ist.

Gerade die Zielgruppe der Geflüchteten ist überdurchschnittlich technikaffin und im Umgang mit Smartphones außergewöhnlich versiert. Da es sich um einen großen Anteil von jungen Menschen handelt, werden diese den Banken in der Realität wohl eher weniger Zusatzaufwand bereiten. Wahrscheinlich sogar deutlich weniger Aufwand, als ein durchschnittlicher Kunde einer weniger problembehafteten und kapitalkräftigeren Zielgruppe.

Anstatt auf Teufel komm raus auszuloten, wie man das maximal mögliche Entgeltvolumen eines Basiskontos ausreizen könnte wäre den Kreditinstituten einen kreativeren Umgang mit diesen Personengruppen zu empfehlen.

Schließlich kann man davon ausgehen, dass insbesondere die Zielgruppe der jungen Geflüchteten sich zumindest in Teilen in die Gesellschaft integrieren. Sie werden sich ausbilden und wertvoller Bestandteil der Gesellschaft werden. Somit werden Sie teilweise gut verdienen und dann auch für die lukrativeren Geldgeschäfte in Frage kommen.

Wer flexibel auf die Herausforderungen des Marktes reagiert kann sich zukunftsträchtig aufstellen. Eine Chance, welche die meisten Banken leider ungenutzt verstreichen lassen.

Aber ganz egal, wie flexibel oder wenig eine Bank auf gesetzliche Gegebenheiten reagiert:

Die Erfüllung einer gestzlichen Pflicht, darf nicht zum Anlass von hohen Entgelten genommen werden.

Abwehrpreise sind hier unzulässig!

Erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Kontopfändung?

Dieses Faktum lässt sich kaum wirklich abstreiten. Die sozial schwachen Basiskonteninhaber verfügen in der Regel über unterdurchschnittliche monatliche Zahlungseingänge.

Auch sonst ist davon auszugehen, dass die Zielgruppe der Basiskonto-Inhaber auch sonst nicht ganz so geübt im Umgang mit den persönlichen Finanzen ist.

Ich kenne zwar keine Statistiken, aber gehe davon aus, dass Basiskonten prozentual deutlich stärker von Kontopfändungen betroffen sind, als die Inhaber regulärer Kontenmodelle.

Von daher kann ich die Argumentation der Banken zwar nachvollziehen. Dennoch ist eben auch der Umgang mit einer Pfändung eine gesetzliche Pflicht der Banken. 

Ergo verfängt diese Argumentation nicht, da wir wieder bei der gesetzlichen Pflicht sind, für die keine gesonderten Entgelte verlangt werden dürfen.

Und Sinn des Basiskonto ist es ja gerade, einer finanzschwachen Klientel den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen.

Es ist eine Schutzvorschrift für sozial schwache Mitmenschen. 

Dies dadurch auszuhebeln, indem hohe Abwehrpreise verlangt werden, ist unzulässig und widerspricht eklatant der Intention dieser Schutzvorschrift.

Keine Cross- und Upsellings?

Am reinen Girokontengeschäft verdienen die Banken nichts.

Das ist eines der Hauptargumente der Banken, dessen Wahrheitsgehalt ich nicht überprüfen kann. Gefühlsmäßig würde ich sagen, dass das in etwa so sogar stimmt.

Das große Geld wird mit Krediten und der Vermittlung von Kapitalanlagen oder Versicherungen verdient.

Für diese Dienstleistungen kommt traditionell eine Klientel mit guter Bonität in Frage.

Wer klamm ist bekommt sowieso keinen Kredit und hat auch kein Geld übrig, welches er anlegen könnte.

Von daher sind Basiskonto-Kunden für derartige Geschäfte nicht zu gewinnen und für die Banken deswegen uninteressant.

Und Menschen, an denen nichts verdient werden kann, die möchte man auch nicht als Kunden.

Doch auch hier gilt:

Gesetzliche Aufgabe des Basiskonto ist die Sicherstellung der Versorgung von sozial schwachen Menschen mit den grundlegendsten Bankdienstleistungen.

Diese Aufgabe darf eben von den Banken nicht ausgehebelt werden, auch wenn deren Argumentation durchaus stichhaltig ist.

Da die freiwillige Selbstverpflichtung bei gewissen Problemgruppen nicht funktionierte, musste eben die gesetzliche Regelung her.

Es liegt nun an den Banken, innovative Ideen zu entwickeln, wie das Basiskontoprodukt als Win-Win-Situation angeboten werden kann.

Kann man zuviel gezahlte Basiskonto-Entgelte zurückfordern?

Ja unbedingt! Für diese Entgelte gibt es keine gesetzliche Grundlage. Diese wurden unzulässig erhoben und müssen von den Kreditinstituten rückerstattet werden.

Ich gehe davon aus, dass diese Rückzahlung problemlos von statten gehen wird. Im Optimalfall wird die Deutsche Bank dies von sich aus tun ohne dass der Kunde tätig werden muss.

Fall dies nicht der Fall sein sollte, empfiehlt sich, der Bank einen freundlichen Brief zukommen zu lassen, in welchem die Erstattung der zu Unrecht erhobenen Gebühren erbeten wird.

Meiner Meinung sollte es sich hierbei um den Differenzbetrag zwischen günstigstem Kontomodell und der zu Unrecht erhobenen monatlichen Gebühr handeln.

Bei der Deutschen Bank wäre das ein Betrag von ca 4 Euro pro Monat.

Hierbei handelt es sich jedoch ausdrücklich um meine persönliche Meinung und nicht etwa um eine Rechtsberatung.

Bei dem Aufsetzen eines solchen Briefes sind Verbraucherverbände sicherlich gerne behilflich. Für den Moment habe ich noch keinen Musterbrief hierfür im Netz entdeckt. Sobald ich einen finde, werde ich diesen hier entsprechend verlinken.

Fazit

Das Urteil des BGH ist zu begrüßen und schafft etwas Rechtssicherheit. Wenngleich sich wahrscheinlich sowohl die Banken als auch die Verbraucherverbände klarere Aussagen gewünscht hätten.

So steht leider zu befürchten, dass die Praxis der erhöhten Basiskontogebühren nicht beendet ist.

Vielmehr werden die Begründungen der Banken angepasst werden um rechtlich gerade noch so durchzugehen.

Es bleibt also abzuwarten. Ganz sicher ist das letzte Wort hier noch nicht gesprochen. Vielleicht wird es auch europaweit eine gesetzlich gedeckelte Höchstgrenze für Basiskonto-Gebühren geben.

Das alles wird sicherlich davon abhängig sein, in welchem Ausmaß diese Abwehrpreise weiterhin angewandt werden.

admin


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